Schmelzen im Kaltwand-Induktionsofen
Der Kaltwand-Induktionstiegelofen (KIT) wird zum Schmelzen, Legieren und Überhitzen von hochreinen, hochschmelzenden und chemisch hochaggressiven Legierungen, wie beispielsweise Titanlegierungen, eingesetzt. Er besteht im Wesentlichen aus einem geschlitzten wassergekühlten Kupfertiegel, der von einer Induktionsspule umgeben ist (s. Bild). Durch den wassergekühlten Tiegel bildet sich eine feste dünne Schicht aus erstarrter Schmelze sobald Kontakt zwischen Schmelze und Tiegel auftritt. Dieser sogenannte Skull schützt den Kupfertiegel vor der Schmelze und die Schmelze vor Verunreinigungen durch das Tiegelmaterial. Die beim induktiven Schmelzen vorteilhafte intensive Schmelzenströmung führt zu einer guten Homogenisierung der Schmelze und ermöglicht den Aufbau der Legierung aus einem hohen Schrottanteil. So eignet sich der KIT zum Aufschmelzen, Nachlegieren und Überhitzen der Schmelze in einem Prozessschritt.
Die Nutzung dieser verfahrenstechnischen Vorteile des KIT setzt die Kenntnis des elektrischen und elektromagnetischen Betriebsverhaltens und die der komplexen Strömungs- und Temperaturverteilung in der Schmelze voraus. Vor diesem Hintergrund werden am ETP dreidimensionale elektromagnetische und instationäre fluiddynamische und thermische Berechnungen am KIT durchgeführt. Mit Hilfe des 3D instationären Large-Eddy-Simulations-Verfahrens ist eine Nachbildung der instationären Schwankungen der Schmelzenströmung und somit die realistische Simulation des Wärme- und Stofftransports in der Schmelze des Kaltwand-Induktionstiegelofens nunmehr möglich ist. Parallel zu den Simulationen werden am ETP Schmelzversuche und Probeabgüsse sowie Temperatur- und Strömungsmessungen an der institutseigenen KIT-Schmelzanlage durchgeführt. Diese Anlage hat eine Leistung von 300 kW bei einer Frequenz von 10 kHz. Der unter Vakuum zu betreibende KIT hat ein Tiegelvolumen von etwa 3 Liter.
Bei den Untersuchungen stehen neben der Erprobung von neuen Einsatzwerkstoffen u.a. auch die weitere Verbesserung des Wirkungsgrads sowie die Steigerung der Überhitzungstemperatur im Blickpunkt des Interesses. Diese Prozessparameter werden durch das elektromagnetische, insbesondere aber durch das hydrodynamische und thermische Verhalten des KIT und damit von den Konstruktions- und Betriebsparametern entscheidend beeinflusst.